Loke Lindroth 2.0

Ornament

Fuku versuchte vergeblich Rob mit einer Schutzhülle zu umgeben, aber seine magische Kraft war vollständig blockiert. Genauso wie seine Verbindung zu Robs Bewusstsein gestört war. Ohne lange zu überlegen stürzte er sich in die feurigen Eisfluten aus leuchtend gelben und blauen Farbtönen. Eisige Kälte umspülte ihn. Nur wenige Meter unter sich sah er Rob, packte seinen Arm und kämpfte sich mit ihm zusammen mit aller Kraft wieder an die Wasseroberfläche. Überall um sie herum brodelte es. Heißer Wasserdampf stieg auf und bildete dichte Nebelschwaden, die träge über dem Boden schwebten. Fuku schlug wild mit seinen nassen Flügeln, und erhob sich schließlich mit Rob in seinen Armen in die Luft.

Rob war völlig durchnässt und bibberte vor Kälte. Im selben Moment stieg aus dem brodelnden Fluss ein mächtiger weiß durchschimmernder Drache empor. Tief in seinem Inneren glühten fein verästelte Gefäßbahnen in feurigem Orange. Der Drache glich einem Bergkristall, in dem Lavaströme gefangen waren. Es schüttelte die Eisbrocken von seinem Körper und schrie vor Zorn so laut, dass sich Mi Lou die Ohren zu hielt.

Plötzlich flog die Tür zu dem kleinen Holzhäuschen auf, und ein uralter kräftiger großer Mann mit funkelnden grüngrauen Augen tobte wütend heraus. Er schrie den Drachen mit verschnupfter Nase an.

„Verdammter Mist, was ist denn jetzt schon wieder los? Kannst du nicht einmal ein paar Stunden Ruhe geben? Wie soll ich denn, …“ Der alte Mann sah Fuku mit Rob in der Luft schweben und brach mitten in seinem Satz ab.

„Oh, wir haben Besuch“, unterbrach er sich selber und lächelte. „Alfdis, so begrüßt man keine Gäste. Beherrsche dich bitte und leg dich auf Eis, bist du wieder normal bist. Mit dieser Laune bist du nicht zum Aushalten.“

Der Drache gab missmutige Laute von sich, und tauchte wieder in das eisige Wasser ab. Das Grummeln ging unter Wasser weiter. Es wurde nur deutlich dumpfer und die  heiße Atemluft des Drachen bildete eine brodelnde Gischt  an der Wasseroberfläche.

Der alte Mann zog eine Augenbraue hoch, als er Mi Lou auf der anderen Seite des Flusses sah. „Entschuldigt bitte das Verhalten von Alfdis. Er hat heute arge Hitzewallungen, und dann ist er unausstehlich.“ Er portierte sich neben Mi Lou auf dem gegenüberliegenden Ufer, und hakte wie ein Gentleman ihren Arm ein. „Gestatten junge Dame, mein Name ist Loke Lindroth. Darf ich sie zu meiner bescheidenen Behausung geleiten?“ Er lachte Mi Lou mit seinen durchdringenden Augen freundlich an.

Mi Lou wurde ganz warm ums Herz, und ihre Stimmung hellte sich merklich auf. Sie nickte, und einen Wimpernschlag später stand sie mit Loke vor der Tür der kleinen Holzhütte. Fuku landete gerade mit Rob, der fürchterlich vor Kälte bibberte.

Mitleidig sah Loke ihn an. „Junge, du brauchst etwas Trockenes anzuziehen und ein wärmendes Feuer. Komm ich bring dich in meine Hütte und wir kümmern uns um dich.“ Loke nahm Rob am Arm und führte ihn in die Hütte. „Du bist auch herzlich eingeladen junge Dame, nur für den Drachen ist es hier in der Hütte etwas zu klein“, sagte er gedankenverloren. Er sah Fuku auffordernd an. „Ich könnte dich allerdings schrumpfen, dann würde es passen.“ Loke kratzte sich lächelnd am Kopf, und musste laut niesen.

Entsetzt sah Fuku den Magier an. „Nein Danke“, schoss es aus ihm heraus. „Ich kann gerne hier draußen Wache Halten“, sagte er schnell. Fuku wollte nur das es Rob gut ging, und bei Loke war er gerade sicherlich besser als bei ihm aufgehoben. Außerdem hatte ihn das Verhalten von Alfdis irritiert, und er hielt es für eine gut Idee ein Auge auf dem komischen Drachen zu haben.

„Wie du magst“, gab Loke zurück. „Wir lassen die Tür angelehnt.

Er setzte Rob vor das warme Kaminfeuer und holte aus einer Truhe trockene Kleidung. „Junge Dame, kannst du bitte in dem Kessel etwas Wasser aus dem Fluss holen. Dann können wir uns einen leckeren Tee machen.“

Mi Lou nahm gehorsam den Kessel entgegen und lief zu Fuku der draussen am Fluss wartete. An der Oberfläche hatte sich schon wieder eine dünne  Eisschicht gebildet.

„Und geht es Rob besser“, fragte Fuku der argwöhnisch in die Tiefen des Thamalyn sah, und nach Anzeichen von dem Eisdrachen suchte.

Mi Lou nickte. „Ja Loke hat ihn vor ein wärmendes Feuer gesetzt und gibt ihm gerade trockene Sachen“. „Ich mag diesen Loke nicht, wie der mit seinem Drachen geredet hat“, ätzte Fuku. „Läßt seinen armen Drachen wie ein ungeliebtes Haustier draussen im eisigen Fluss leben. Und dann diese absurde Idee mich zu schrumpfen! Sobald Rob aufgewärmt ist verschwinden wir hier, oder ich vergesse mich.“

Mi Lou sah Fuku verwundert an. „Wieso? Ich finde ihn nett.“

Fuku rümpfte die Nase, verkniff sich aber eine Bemerkung.

Die Wärme des Kaminfeuers weckten Robs Lebensgeister wieder und seine Laune stieg beträchtlich. „Ihr seid Loke Lindroth?“ fragte Rob höflich.

Loke drehte sich erschrocken um und schaute hinter sich. „Ich sehe niemanden hinter mir. Siehst du doppelt?“, fragte er argwöhnisch. Jetzt war es an Robs Reihe verwirrt zu sein.

„Wieso sollte ich doppelt sehen?“

„Du sagtest ihr, ich bin aber nur einer. Und hinter mir konnte ich auch niemanden entdecken“, sagte Loke und sah Rob fragend an.

„Aber das sagt man doch zu großen Magiern, man redet sie im Plural an“, rechtfertigte sich Rob.

Loke schaute nachdenklich gen Himmel und zog den Mund schief. „Ach so?“ Er überlegte kurz. „Ich mag es nicht wenn die Dinge nicht ausgewogen sind.“ Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Ich finde das zwar merkwürdig, aber wenn du meinst.“ Er murmelte eine kurze Formel, und neben ihm entstand ein identisches Abbild von ihm aus dem Nichts.

„Ja wir sind Loke Lindroth“, antworteten die beiden im Chor.

Rob wusste überhaupt nicht welchen der beiden er ansehen sollte. „Wer von euch ist denn jetzt der echte Loke?“, fragte er hilflos.

„Na ich“, antworten die zwei parallel. Der erste Loke sah ärgerlich zu seinem Doppelgänger hinüber.

„Gar nicht wahr, du bist lediglich eine schlechte Kopie von mir“, giftete dieser sein Ebenbild an.

„Sieh dich doch mal an, was für ein häßliches verschrumpeltes altes Männchen du bist“, gab der andere zurück.

 

„Aähhh“, stammelte Rob der völlig überfordert war und zeigte auf die Robe des ersten Zauberers.

„Was?“, schnauzte der ihn aufgebracht an.

Rob bekam vor Angst kaum ein Wort heraus. „Feuer“, stammelte er nur und zeigte wie versteinert auf die brennende Robe.

Der erste Zauberer blickte verdutzt an sich herunter . „Du widerliche Ausgeburt eines Battyrs“, fluchte er und wurde jäh unterbrochen, als sich über ihm ein mächtiger Wasserschwall ergoß.

 

Sie sahen sich gegenseitig böse an. „Ich finde wir sollten darüber abstimmen“, sagte der erste Loke. „Gute Idee“, sagten zwei neu erschaffene Lokes, die sich der zweite zur Verstärkung erschaffen hatte. „Das kann ich auch“, sagte Nummer eins, und ließ gleich fünf weitere Lokes entstehen. Es entstand eine wilde Diskussion und die ersten Magier wurden bereits handgreiflich. Rob war verzweifelt, und wusste nicht mehr was  er tun sollte.

 

„Ich glaube Du hast den Jungen gerade kaputt gemacht!